No.2

Dieses Mal soll ein recht bekanntes Instrument als Vorlage dienen – die ex-Joachim Stradivari mit dem wohlklingenden Namen „Il Cremonese“ aus dem Jahre 1715. Die Holzauswahl fiel dementsprechend auf einen einteiligen Boden und eine Decke mit ähnlichem Jahresringverlauf wie das Original. Auch bei der Flammung der Zargen und dem Hals wurde sich dem Vorbild nach orientiert.

Hier die Auswahl der verwendeten Hölzer schon inmitten des Schaffunsgprozesses.

Die Box ist endlich fertig

Nun folgte noch der Einbau des Halses, der meiner Meinung nach einen der komplexeren Schritte im Geigenbau darstellt – immerhin müssen hier einige Winkel und Maße beachtet werden. Kaum war diese Hochzeit abgeschlossen folgte das letzte Kapitel. Die Lackierung.

Diese sollte natürlich auch möglichst vorbildgetreu erfolgen, dementsprechend darf natürlich die passende Lektüre nicht fehlen. Das Literat in Szene gesetzt:

Um „mein“ Lackrezept zu finden sind einige Monate vergangen und die Küche glich häufig einem Chemielabor. Wasserbeizen wurden gekocht, Pigmente wie Cochenille, Russ und Krappwurzelextrakt verrührt und es war durchaus ein Lern- und Leidensweg mit einigen Rückschlägen.

Um einen besseren Eindruck der alten Cremoneser Lacke und dessen Textur zu bekommen hatte ich dankenswerter Weise über einen Geigenbauer auch die Gelegenheit zwei echte alte Schätze, eine 1722 Stradivari sowie eine 1738 Guarneri del Gesu in die Hände zu bekommen und konnte hier für mich wertvolle Impressionen gewinnen und werde versuchen diese auch in weitere Neubauten einfließen zu lassen.

Der Lackaufbau besteht im Folgenden aus doch einigen Schritten:

  • Boden und Decke werden warm gewässert frei nach Roger Hargrave um ein tiefes Eindringen der folgenden Beize zu verhindern.
  • Beizung mittels selbst hergestellter Walnussbeize.
  • Minimalste Grundierung mit Leinölfirnis.
  • Schicht 1. transparent ohne Pigmente dünn aufgetragen und bestehend aus Terpentinharzöl ( 65% Terpentin, 30% Burgunderharz und 5% Lärchenterpentinöl).
  • Schicht 2. als der eigentliche Farblack mit natürlichen Pigmenten selbst hergestellt.

Das Werk steht nach unzähligen Stunden und nach mehr als einem Jahr kurz vor der Vollendung – hier im Vergleich zur Vorlage.

Farbabgleich mit einem realistischen Print der „Habeneck“ Stradivari aus dem tollen Varnishing-Buch von Brandmair.

Die ersten beiden Auslandsreisen hat meine Strad gut überstanden – selbst bei den tropischen Temperaturen und Luftfeuchtigkeit Asiens jenseits der 90% Marke tauchen keinerlei Probleme auf. Klanglich dominant und sehr fokussiert, nuanciert. Schöne Tiefe und doch brillant, seidig in den Höhen.